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Julia Wiener
3 min. Lesedauer
31. Januar 2018

Das Instrumentenkarussell oder die systematische Zerrüttung mütterlicher Nerven

Gestern morgen fuhr ich die Kinder ausnahmsweise mal mit dem Auto zur Schule. Natürlich plauderten sie fröhlich über dies und das auf dem Weg (und stritten zwischendurch wie die Kesselflicker) und kamen mit allerhand Themen an. Und etwa an der zweiten roten Ampel war es mal wieder so weit. Das kleinste Kind ergriff das Wort und sagte die unheilvollen Worte: „Ich möchte Geige spielen lernen.“

Dieser scheinbar harmlose kleine Satz bescherte mir den ersten innerlichen Zusammenbruch des Tages, denn ähnlich wie der wiederholt geäußerte Wunsch nach einem eigenen Haustier taucht die Diskussion über diversen Instrumentalunterricht hier regelmäßig auf und sorgt für lautstarkes Gejammer auf der Sender-Seite (Kind will Schlagzeug/Querflöte/Cello/Klarinette/Saxophon/Klavier/Geige) spielen und für Nervenflattern auf der Adressatenseite. Es ist nicht so, dass ich etwas gegen Musik hätte oder gegen Instrumentalunterricht, im Gegenteil. Ich habe als jugendlicher Mensch selbst jahrzehntelang Klavier gespielt und bin in Konzertsälen, Theatern und Kirchen meiner Heimatstadt damit aufgetreten. Aber ich tat das kontinuierlich. Mit jahrelangem Unterricht an ein und demselben Instrument. Mit allen Höhen und Tiefen und Phasen, in denen ich keine Lust mehr hatte. Ich hatte mich für ein Instrument entschieden und dabei blieb ich. Natürlich waren da auch meine Eltern hinterher, dass ich regelmäßig übte, dass ich am Ball blieb, dass ich weitermachte. Aber sie hätten mich nicht gezwungen, gegen meinen Willen dabei zu bleiben. Und mir war irgendwie auch relativ früh klar: das ist jetzt mein Instrument und das ist gut so.

Für meine Kinder ist das offenbar anders. In Zeiten, in denen Musikschulen im Kontext einer musikalischen Früherziehung mit dem sogenannten Instrumentenkarussell den Kindern die Möglichkeit geben, zum Teil im sechsmonatigen Rhythmus ein Instrument nach dem anderen anzutesten, nähren sie zeitgleich damit die Vorstellung, dass es, um all diese Instrumente zu beherrschen, nicht einer gewissen Nachhaltigkeit und Kontinuität bedürfe. Meine Kinder denken also, dass man jedwedes Instrument von Kontrabass bis Pauke einfach mal so eben für ein Weilchen ausprobieren kann und dann geht man einfach zum nächsten. Man muss sich nicht entscheiden, denn das Instrumentenkarussell dreht sich weiter und bietet immer neue Möglichkeiten. Mal abgesehen davon, dass ich persönlich nicht glaube, dass Kinder auf diese Weise besser zu ihrem Instrument finden und sich leichter entscheiden könnten…. Machen sich diese Menschen in den Musikschulen überhaupt keine Gedanken darüber, was das den entsprechenden Eltern abverlangt?!

Mitunter hatten wir hier zeitgleiches Gekratze auf dem Cello, Getröte auf der Blockflöte und Geschrammel auf einer Gitarre. Und gerade, wenn die Kinder angefangen hatten, den jeweiligen Instrumenten ein paar passable und auch für Elternohren erträgliche Töne zu entlocken, drehte sich das Instrumentenkarussell weiter und die Bude wurde mit dem vielstimmigen Lärm aus den Klangkörpern von Klarinette, Geige und Percussionsset erfüllt. Und ich möchte gar nicht davon anfangen, wie es hier war, als ein Kind sich in den Kopf gesetzt hatte, Trompete zu lernen. Zum Glück kann man die Instrumente ausleihen – und dann wieder zurückgeben! Aber als die Große neulich erwähnte, sie fände, Harfe sei ein tolles Instrument, habe ich einfach behauptet, die sei zu große und würde nie und nimmer durch die Tür passen.

Den Wunsch nach der Geige auf der morgendlichen Autofahrt habe ich also mit tiefem Seufzen beantwortet und mich dann in eine Verdrängungsstrategie geflüchtet: „Wir sprechen später darüber, mein Schatz.“ Bis jetzt hat sie nicht wieder gefragt!