„Faulsein ist wunderschön, denn die Arbeit hat noch Zeit.
Wenn die Sonne scheint und die Blumen blühn, ist die Welt so schön und weit.“
Schon Pippi Langstrumpf wusste es und wir haben es auch mal gewusst – als wir noch Kinder waren. Als Erwachsene haben wir das oftmals verlernt und verbinden mit dem Ausdruck „Faulsein“ etwas Schlechtes. Die Faulen sind in unserer Wahrnehmung die, die nichts erreichen, die keine Ambitionen haben und keine Leistung bringen wollen. Das mag ja zumindest in Aspekten für den Alltag von erwachsenen Menschen stimmen, aber für Kinder in den Schulferien sollten wir uns dem Begriff „Faulsein“ vielleicht mal wieder ganz unvoreingenommen nähern…? Zumindest wäre es einen Versuch wert.
Meine Kinder sind gern aktiv. Sie lieben es, wenn sie neue Umgebungen erkunden können, zum Beispiel an einem noch unbekannten Ferienort. Sie fahren gerne Fahrrad, spielen Ball am Strand oder gehen Muscheln sammeln, Sandburgen bauen oder zum Reitunterricht. Jeden Tag, auch in den Ferien. Aber wenn ich ihnen zuschaue, wie sie sich in den Tag treiben lassen und dann ganz und gar bei s i c h sind, ganz und gar im Augenblick, dann weiß ich, dass ich mir da einiges abgucken kann.
„Faul sein! Heute will ich faul sein!“, ruft mein Sohn an seinem ersten Ferientag morgens im Bett und meint damit: nicht um eine bestimmte Uhrzeit aufstehen müssen, nicht frühstücken müssen, weil jetzt gleich zum Bus gesprintet werden muss, sondern einfach liegen bleiben, im Bett noch ein Kapitel im Lieblingsbuch lesen oder eine Partie Uno mit der kleinen Schwester spielen. Im Schlafanzug frühstücken, mit strubbeligen Haaren ein Bild malen und erst dann etwas Anziehen.
„Lass uns heute faul sein“, schlägt das Vorschultöchterchen vor und meint damit: keine Termine formulieren, auch keine Reitstunde, sondern am Strand bleiben, bis wir keine Lust mehr haben. Nicht einkaufen gehen und kochen, sondern alles Obst und Brot mit ans Wasser nehmen und dort picknicken, wann immer wir Hunger haben, statt zur „Essenszeit“. Spontan eine Partie Wikingerschach mit den Strandkorbnachbarn spielen, statt pünktlich nach Hause zu radeln, um unbedingt noch die Haare zu waschen vor dem Essen.
„Achchchch… ich bin so faul!“, schnurrt der Teenie und räkelt sich in einem Haufen Lieblingsbücher auf dem Handtuch. Sie mag es, sich weg zu lesen, einfach ein Buch nach dem anderen „leer“ zu lesen, kein Limit zu haben dabei, den ganzen Tag zu lesen und abends im Bett erst damit aufzuhören, wenn die Augen zufallen und nicht, weil die Zeiger auf der Uhr unerbittlich vorrücken und die Schlafenszeit bis zum Weckerklingeln sichtbar schrumpfen lassen. Sie will schlafen, bis sie „damit fertig ist“, nicht, bis ein Wecker oder eine Mama sie aus dem Schlaf reißt, weil es gilt, zur Schule zu gehen oder eine im Kalender eingetragene Aktivität abzuhaken.
Faul sein. Für mich heißt das in den Schulferien, den Alltagsrhythmus loszulassen, auch wenn es mir am Anfang schwer fällt. Mich von solchen Dingen frei zu machen wie „jetzt ist Essens- / Schlafenszeit“. Uns sehr wohl einen Rhythmus zu schaffen, auch in den Schulferien, aber einen sanfteren, weicheren, flexibleren. Einen, der Luft lässt, das Kapitel noch zu Ende zu lesen, diese Partie Beachball mit der Strandfreundin noch zu Ende zu bringen, diesen einen Umweg mit dem Fahrrad zu nehmen, einfach um zu sehen, was hinter dem nächsten Strandübergang wohl sein mag.
Pippi Langstrumpf hat recht. Wenn man es schafft, wenn man den leistungsorientierten Rhythmus des Alltags für die kurze Ferien- und Urlaubsphase loslassen kann, dann ist Faulsein wunderschön. Dann macht Faulsein Freude, schenkt Zeit und Entspannung und gibt eine neue Qualität von Leben. Ferien!
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