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Katharina Martin
4 min. Lesedauer
31. Januar 2018

Glück im Glas

Wir kennen das alle: das Leben hat so Tage für uns, das fühlen wir uns veräppelt. Nichts will klappen, Dinge fallen einem aus der Hand und zerbrechen, Menschen parken einen zu, wichtige Termine schieben sich plötzlich übereinander, die Straßenbahn kommt einfach nicht und der blödeste Kollege von allen nimmt sich den letzten Kaffee, während man mit der leeren Tasse daneben steht. Meine große Tochter nennt solche Tage „Tage, die mich dissen“, und obwohl ich selbst nicht unbedingt Jugendsprache verwende, finde ich das genau passend, weil es das ausdrückt, was man dann empfindet: die Welt hat sich verschworen und alles ist doof!

Ich hasse Tage, die mich dissen. Meine Kinder hassen Tage, die sie dissen. Und wenn das zusammen kommt, dann möchten wir uns alle gerne sofort voneinander scheiden lassen und uns in unsere Betten verkriechen. Decke über’n Kopp, Licht aus und Ohren zuhalten, bis die Welt wieder lieb zu uns ist. Aber so läuft das Leben eben nicht und auch wenn es oft schwierig ist, die richtigen Perspektive auf die Dinge zu behalten, ist es wichtig.

Für meine Kinder und auch für mich selbst habe ich deshalb ein paar Strategien, die an solche Tagen Anwendung finden und die für uns gut funktionieren. Als erstes System wäre da die Skala von Eins bis Zehn: die Zehn ist das Schlimmste, was passieren kann, der größte Schmerz und die dunkelste Phantasie. Und wenn so ein schlimmer Tag da ist und die Stimmung der Kinder im Keller ist, sie sich angiften und zanken und alles immer noch schlimmer wird, lasse ich mir von ihnen erzählen, was ihre Zehn wäre. Was wäre das schlimmste Vorstellbare, das ihnen passieren könnte? Meistens sagen sie dann sowas wie „Wenn ich nicht mehr bei euch sein könnte“, oder „Wenn der Opa sterben würde“, also schon Dinge, die existentiell und einschneidend wären. Und dann frage ich sie, wie sie denn den doofen Tag einordnen. Ist das auch eine Zehn? Wirklich? Meistens kommen sie selbst ganz schnell darauf, dass verglichen mit ihrer persönlichen Zehn, das meiste andere am aktuellen Tag in der Regel höchstens noch eine Zwei ist. Das nebeneinander zu stellen, verändert ihre Perspektive augenblicklich, weil es hilft, die erlebten Dinge in Relation zu setzen. Doof sind sie dann immer noch, aber man kann auch wieder besser wahrnehmen, was alles nicht doof ist.

Um eine positivere Perspektive auf den eigenen Tag zu bekommen, gibt es aber noch etwas Schöneres, das ich bei Pinterest gesehen und für unsere Familie adaptiert habe: happiness in a jar, also Glück im Glas. Wir haben daraus inzwischen ein kleines Ritual gemacht und haben es gerade zu Beginn des neuen Jahres wieder belebt. Wir haben eine besonders schöne, große Glasdose mit geschliffenem Deckel. Normalerweise kommen da besondere Plätzchen rein oder auch mal Schokolade, jedenfalls nichts Alltägliches, sondern Dinge, die wir zu außergewöhnlichen Anlässen genießen. Jetzt haben wir dieses Glas aber umfunktioniert und sammeln darin statt kleiner Leckereien unsere Glücksmomente des jeweiligen Tages. Und das geht so:

Wir sitzen zusammen am Tisch und jeder überlegt sich, was für ihn ein kleiner vollkommener Moment war an diesem Tag oder was ihn für einen Augenblick glücklich gemacht hat. Es geht dabei explizit um Kleinigkeiten und nicht um beispielsweise das schönste Geschenk zu Weihnachten oder so. Nein, es geht darum, dass wir uns bewusst machen, wie viel Glück wir haben und dass es selbst an einem Tag, der uns disst, Dinge gibt, die uns lächeln lassen und glücklich machen. Wir reden also darüber und erzählen uns von den schönen Dingen, die wir erlebt haben und schon das ist ein Einstieg dafür, die richtige Perspektive auf unseren möglicherweise doofen Tag zurück zu erobern. In der Regel ist ein Tag nämlich niemals nur doof.

Wenn wir alle unseren Lieblingsaugenblick ausgesucht und den anderen erzählt haben, schreibt jeder seinen Glücksmoment auf einen Zettel, faltet ihn und legt ihn in unser Glücksglas. Der Kleinsten schreiben wir manches vor, was sie festhalten möchte und sie schreibt es ab, aber die beiden Großen machen das ganz für sich. Unsere Zettel landen dann gemeinsam im „Jar of Happiness“, wir legen den Deckel wieder drauf und stellen es zurück an seinen Platz. Unser Glück ist festgehalten worden und am nächsten richtig doofen Tag, holen wir die Zettel durchaus noch mal hervor und erinnern uns an die gute Perspektive, dass es immer auch Schönes gibt an jedem Tag.

Die Idee ist aber eigentlich, die Moment das Jahr über zu sammeln und sie am Jahresende in einem gemeinsamen Moment hervor zu holen, auszubreiten und sich an ein schönes Jahr voller Glücksmomente zu erinnern. Aber wenn mal so ein Tag um die Ecke kommt, der uns dissen will, an dem alles grau in grau erscheint und Menschen und Dinge sich verschworen zu haben scheinen, hilft auch zwischendurch mal ein Blick in unser Glas voller Glück – für die richtige Perspektive.