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Katharina Martin
Lesedauer 3 Min
31. Januar 2018

Kinderlügen haben kurze Beine

Meine Tochter schaut mich mit großen Augen an und sagt überzeugend: „Natürlich habe ich mein Zimmer aufgeräumt Mami!“ Leider muss ich bei der anschließenden (Sicherheits-)Kontrolle feststellen, dass dies nicht so ganz stimmt, meine Tochter hat mich also mit Unschuldsmiene angeschwindelt.

Es gibt Eltern, die behaupten, dass ihre Kinder sie NIE anlügen. Ehrlichkeit ist eine Eigenschaft, die in vielen Familien groß geschrieben wird, was ich auch absolut wichtig finde. Aber ich würde behaupten, dass fast jedes Kind lügt und zwar je älter, umso mehr.

Wir Eltern predigen stets Ehrlichkeit, wir verdammen und bestrafen Lügereien. Aber flunkern wir selber nicht auch ganz gerne? Kennen wir nicht alle diese typischen Notlügen vor allem in sozialen Situationen, aus Höflichkeit und um die Gefühle anderer zu schonen? Lernen unsere eigenen Kinder das Lügen nicht bereits von Kindesbeinen an von uns? Ist Lügenlernen nicht sogar eine wichtige Fähigkeit in unserer Gesellschaft, die erlernt werden muss? Kinder sind oftmals erschreckend ehrlich und Schwindeleien aus Höflichkeit können auch Kindern beigebracht werden.

Das erinnert mich an eine Situation vor einigen Jahren, als die Oma ganz stolz ihre neue Frisur präsentierte und das Kind trocken meinte: „Oma, du siehst irgendwie komisch aus, wie Uroma Traudel.“ Dazu muss man sagen, dass Uroma Traudel beinahe keine Haare mehr auf dem Kopf hat.

Klein- und Kindergartenkinder können zwischen Realität und Einbildung noch nicht so gut unterscheiden. Bei meinen beiden Kindern fing es ungefähr mit zwei Jahren mit kleinen Schwindeleien an. Da die Kleinen meist noch keine versierten Schummelmeister waren, merkte man es ihnen natürlich sofort an der Nasenspitze an, dass die Unwahrheit erzählt wurde. Gerne sagte ich dann zu meinen Kindern, dass ihre Nase beim Lügen wie bei Pinocchio wachsen würde und dass sie aufpassen müssten, dass sie bald nicht mehr durch die Türen passen würden. Automatisch fassten sich die Kleinen schuldbewusst an die Nase. Das zog früher noch, aber natürlich nicht mehr heutzutage. Die kleinen Schwindelbarone haben dazu gelernt und manchmal ist es gar nicht so einfach heraus zu finden, ob gelogen worden ist oder nicht. Es klappt ganz gut, wenn man nach Details einer Lügengeschichte fragt, denn da merkt man recht schnell, dass etwas nicht stimmt bzw. die Wahrheit verdreht worden ist. Kinderlügen haben einfach kurze Beine!

Generell finde ich, dass wir unterscheiden sollten, wann eine Lüge eine Lüge ist! Und warum Kinder überhaupt lügen! Oftmals lügen Kinder doch aus Angst vor Strafe mit der typischen Antwort: „Das war ich nicht!“, weil sie weitreichende Konsequenzen fürchten. Oder sie lügen oder übertreiben sehr gerne, um anerkannt zu werden.

Ich finde, dass wir selber als Vorbild agieren sollten, was das Lügen betrifft. Wir müssen das Gespräch mit unseren Kindern suchen, Vertrauen schaffen und ihnen sagen, dass wir immer zu ihnen stehen, was auch immer sie angestellt haben. Ermuntert eure Kinder, die Wahrheit zu sagen und droht nicht mit harten Strafen. Sprecht mit euren Kindern über das Lügen und dessen Ursachen. Und unterscheidet zwischen kleinen Notlügen und Lügen aus Eigennutz.

„Ja mein Schatz, dein selbstgemaltes Bild von mir sieht wirklich wunderschön aus!“ (Bin ich das oder ein Schreckgespenst ;)?)

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