Kinder beteiligen sich gerne an Dingen, an richtigen Dingen, an Erwachsenendingen. Sie streben nach Autonomie, sie wollen die echten Dinge tun, nicht nur die abgespeckte, entschärfte, aufs Spiel reduzierte Kindervariante. Seit ich Kinder habe, sehe ich das in vielen Varianten bei vielen Alltagsthemen jeden Tag: sie möchten mit dem großen Besen fegen, sie möchten im warmen Spülwasser mit dem Topfschwamm die Pfanne auswaschen, sie möchten mit dem scharfen Messer Gemüse schneiden – sie möchten kochen.
Natürlich habe ich niemals meine Kleinkinder unbeaufsichtigt mit kochendem Wasser oder scharfen Küchenmessern hantieren lassen, aber ich habe sie früh in die Dinge eingebunden, die sie interessiert haben. Als Dreijährige durften sie mit einem stumpfen Messer Pellkartoffeln schälen, gehackte Kräuter in den Quark einrühren, das Rührei verkleppern, salzen und die Pfeffermühle drehen. Mit steigendem Alter erweiterte sich das Spektrum der Tätigkeiten und sie durften mehr und mehr an Aufgaben in der Küche übernehmen, wenn sie sich dafür interessierten.
Jetzt, mit 6 und 8 Jahren haben wir eine neue Stufe erreicht, denn die Kinder wollen gerne ganze Gerichte zubereiten. Allein. Wir haben also angefangen, darüber zu reden, was sie tatsächlich selbständig machen können und wo die Grenzen sind. Definitiv dürfen sie nicht alleine mit kochendem Wasser oder Bratfett in der heißen Pfanne hantieren, aber sie dürfen selbständig schneiden, würzen, rühren und zubereiten.
Was sie vor allem interessiert, sind die Dinge, die sie selbst am liebsten essen. Wir sind also mit Rührei mit Tomaten und Zwiebeln gestartet, das machen sie jetzt immer sonntags morgens mehr oder weniger selbständig: Zwiebeln schälen und klein schneiden (okay, k l e i n ist relativ, aber immerhin), Tomaten waschen, vom Stielansatz befreien und ebenfalls klein schneiden, die Eier ohne größere Schalensauerei aufschlagen, verquirlen und mit Salz und Pfeffer würzen, Pfanne raus und los geht’s. Beim Pfanne erhitzen helfe ich ihnen bzw. stehe immer dabei, damit sich keiner der kleinen Köche am heißen Kochgerät verbrennt. Aber sie machen alles. Es ist süß, wie sie dann „ihr“ Rührei am Frühstückstisch austeilen, sich gegenseitig loben und der großen Schwester raten, das un-be-dingt mal zu probieren, es sei ihr „Superduperdoublerührei“ und einfach „mega.“
Mit jedem Rührei haben sie sich mehr zugetraut, sie kriegten Routine und wagten sich dann gemeinsam an größere Herausforderungen. Das zweite Gericht aus kindereigener Herstellung war ein Lieblingsgericht der beiden Kleinen: Pasta mit Blattspinat und Feta. Hier fängt es schon mit dem Einkaufen an: die zwei ziehen mit Geld- und Einkaufsbeutel los und kommen wieder mit einer Packung Tiefkühl-Blattspinat, einem Päckchen Feta, einem Päckchen Frischkäse, einem Päckchen Kochsahne und einem Paket Penne. Und dann wird aufgetaut, Knobi geschält und durchgedrückt, Spinat ausgedrückt und wild gebraten, gewürzt und gerührt. Auch hier bin ich natürlich in der Nähe, aber ihre Begeisterung bremst meine Sorge, sie könnten sich verletzen. Zu schön ist es, ihnen dabei zuzuschauen, wie ihr Selbstbewusstsein in Sachen Kochen und Essen zubereiten wächst und Zeugin zu sein, wie sie als Team zusammen arbeiten und ein gutes Ergebnis erzielen. Sie sind stolz und glücklich und es schmeckt ihnen, was sie gekocht haben.
Inzwischen stehen weiterhin Waffeln, Pfannkuchen mit Äpfeln und Blaubeeren, Kartoffel-Möhren-Stampf (abgießen mache ich!) und Kräuterquark mit frischen Kräutern auf ihrer Liste der selbstgekochten Lieblingsgerichte. Der Effekt ist toll: sie essen das Selbstgekochte umso lieber, weil sie es selbst zubereitet haben. Sie interessieren sich mehr dafür, w a s sie eigentlich essen und reden darüber, ob alles, was lecker ist auch gesund und eine gute Entscheidung ist. Sie probieren lieber Dinge aus, weil sie im Ausprobieren in der Küche lernen, dass sich der eigene Geschmack entwickeln und verändern kann. Und sie machen eine schöne Erfahrung als Geschwister: sich gemeinsam für etwas interessieren und es als Team umsetzen. Ich finde meine kochenden Kinder ziemlich toll.
Als nächstes wollen sie sich an einer Bolognese versuchen. Ich schreibe schon mal den Einkaufszettel.