Es scheint wie ein Paradox, doch spätestens mit dem Untergang der Titanic ist der Mythos der Kreuzfahrt geboren. Ausgerechnet ein Unglück markiert einen Meilenstein in der Geschichte des Kreuzfahrttourismus, der heute mehr als jemals zuvor boomt. Doch die Titanic ist mehr als ein Kreuzfahrtliner. Sie war eine Innovation in ihrer Zeit und lockte zum ersten Mal mit großen beheizten Schwimmbecken, einem türkischen Bad, Fitnessräumen und einer Squashanlage.
Dazu pompöse Salons, breite beheizte Promenadendecks und große Appartements. So viel Luxus, Wellness und Entertainment war zu Beginn des letzten Jahrhunderts ein Novum und Privileg der Reichen und Schönen. Die Kollision mit einem Eisberg auf ihrer Jungfernfahrt im Jahr 1912 machte das Schiff unsterblich und wird immer wieder in Film und Literatur verarbeitet, zuletzt als Megablock-Buster mit Leonardo DiCaprio und Kate Winslet in der Hauptrollen.
Auch die Deutschen hat das Kreuzfahrtfieber gepackt. Allein im vergangenen Jahr haben so viele wie niemals zuvor eine Hochsee-Kreuzfahrt gebucht. Insgesamt 1,77 Millionen Gäste verbrachten 2014 ihren Urlaub auf See. Damit ist Deutschland europäischer Spitzenreiter. Und die Reedereien locken mit immer größeren Schiffen, ausgefallenen Freizeit- und Wellnessangeboten und hohem Komfort. Es sind schwimmende Kleinstädte mit Kapazitäten von bis zu 5000 Gästen plus Besatzung, die auf den Meeren der Welt fahren und den Mythos des Luxusurlaubs befeuern.
Superlative hat im vergangenen Jahr die Quantum of the Seas geschrieben, die in der Papenburger Meyer Werft gebaut wurde. 90 Meter über dem Meer können dort Gäste erst einen spektakulären Panoramablick und im Anschluss in hochmodernen Theatern Musical-Highlights wir Mama Mia genießen. Für das weitere Entertainment sorgen eine Skydiving-Anlage, Autoscooter, ein Basketballfeld und natürlich Pools und Wellnessbereiche. Sogar Starkoch Jamie Oliver hat ein Restaurant an Bord eröffnet.
Trotz der Gigantomanie werden die Preise für Kreuzfahrten immer erschwinglicher. In der Boom-Branche ist unter den Reedereien ein Preiskampf ausgebrochen. Zwar ist es nach wie vor kein Low-Budget-Urlaub, doch wer sich vorab genau informiert und Peak-Zeiten meidet, kann das ein oder andere Schnäppchen machen. Besonders die hohen Nebenkosten für Ausflüge und Getränke werden sukzessive durch All-Inclusive-Modelle ersetzt. Auf dem Ozean-Liner ‚Viking Star‘ zum Beispiel sollen zukünftig Ausflüge, Bier, Wein und W-Lan kostenlos sein. Dieser Trend wird weitere Passagiere locken. Eines ist jedoch Vorraussetzung: Man muss Kreuzfahrten mögen.