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Katharina Martin
Lesedauer 4 Min
31. Januar 2018

Wenn das Kind in die Pubertät kommt

Mein Kind ist in der Pubertät, das bemerke ich schon seit Monaten. Die Antworten werden ruppiger, die Laune ist nicht immer die beste und wenn ich meinen Sohn etwas strenger anrede, kommen schnell die Tränen.

Ich merke seh ,dass er gerade auf der Suche nach sich selbst und seinem Platz in der Gemeinschaft ist. Vor allem seine Rolle bei seinen Freunden ist ihm wichtig. Das setzt innere Kämpfe voraus und spiegelt sich im täglichen Umgang auch mit uns innerhalb der Familie wieder. Auf der anderen Seite benötigt er sehr viel Liebe, Nähe und Aufmerksamkeit, die ich ihm versuche bewusst immer wieder zu geben.

Sein Bedürfnis nach Selbstständigkeit und Unabhängigkeit wird immer größer. Während ich arbeite möchte er nicht mehr so oft zu den Großeltern, sondern lieber alleine zu Hause sein. Ich traue ihm diese Selbständigkeit bewusst zu. Er genießt diese freie Zeit für sich und auch einmal ohne seine jüngeren Geschwister etwas tun zu dürfen. Einfach groß zu sein.

Im Freundeskreis wird schon seit längerem über die Pubertät unser fast gleichaltrigen Kinder diskutiert. Die einen haben schon einen Freund oder eine Freundin, die anderen sind noch weit davon entfernt (oder wir wissen es einfach noch nicht). Und man sagt ja auch, wenn die Triebe sprießen und Wutausbrüche sich häufen, dann ist sie da – die Pubertät. Sie verläuft zwar innerlich und äußerlich individuell, und doch irgendwie auch immer gleich, denn sie wird das Eltern-Kind-Verhältnis grundlegend verändern. Wir Eltern waren bis vor kurzen noch die Idole bei unseren Kindern, aber jetzt wird alles, was wir Eltern sagen und tun, in Frage gestellt. Die Zeiten, in denen Eltern versuchen zu bestimmen und die Kinder gehorchen, sind damit endgültig vorbei.

Für Jugendliche sind es die Jahre der Ablösung, des Erwachsenwerdens. Für uns Eltern beginnt eine Zeit, die unsere Nerven und unsere Gelassenheit auf eine schwere Probe stellen. Wir brauchen starke Nerven, die mir ab und zu abhanden kommen. Auf der einen Seite bin ich aber auch sehr froh über die wachsende und neue Selbstständigkeit meines Kindes. Bin stolz auf mein großes Kind und freue mich über es mit all seinen neu entwickelten Gaben und Stärken, die ich mit einer Mischung aus Faszination und Neugier betrachte. Die Pubertät lässt keine Eltern-Kind-Beziehung ungerührt und fordert nicht nur Teenager dazu heraus, ihren Standpunkt immer wieder neu zu bestimmen und eine neue Form im Umgang mit dem anderen zu suchen. Sondern ganz oft auch uns Eltern. Mit viel Ruhe und Kraft müssen wir versuchen für unsere Kindern da zu sein, aber ihnen auch einen liebevollen und guten Weg für uns alle aufzuzeigen.

In der Pubertät weicht die kindliche Abhängigkeit und Identifikation mit den Eltern dem Bedürfnis nach Selbstständigkeit und Unabhängigkeit, Geschlechterrollen werden erprobt und gefunden, Liebe und Sexualität erkundet. Dazu gehört auch die erste Verliebtheit mit all ihren seelischen Hochs und Tiefs. Das alles ist sehr spannend für uns Eltern aber noch mehr für unsere Kinder. Einer meiner Lieblings- Erziehungs-Ratgeber heißt: „Pubertät: Loslassen und Haltgeben“ von dem von mir sehr geschätzten Familienberaters Jan-Uwe Rogge. Er rät mitten im Sturm des Umbruchs zu mehr Gelassenheit und Respekt gegenüber den Heranwachsenden: „Drängen Sie sich nicht auf, aber stehen Sie zur Verfügung, wenn ihr Kind sie braucht. Lassen Sie sich aber nie an Orten blicken, die Jugendliche für sich reserviert haben.“ Denn auch und gerade in der Pubertät, so Rogge, brauchen Jugendliche Erwachsene, die sie an die Hand nehmen. Auch dann, wenn es ganz anders aussieht.

Die Suche nach der Ablösung von zuhause, die wachsende Kritik gegenüber ihrem erwachsenen Umfeld, allen voran den eigenen Eltern, das macht vielen Vätern und Müttern Angst, deckt eigene Unsicherheiten auf und sorgt damit für permanente, wenn auch notwendige Konflikte. Die Beziehung zwischen den Eltern und ihren Kindern wird neu definiert, mit ungewissem Ausgang. Patentrezepte dafür gibt es nicht, denn so einzigartig wie die Menschen als Kinder sind, so einzigartig ist auch ihre Entwicklung zum Erwachsenen. Ein kleiner Trost für gebeutelte Eltern: So sicher, wie diese Phase vorübergeht und etwas Neuem Platz macht, ist auch, dass die Grundlagen einer Eltern-Kind-Beziehung vor der Pubertät gelegt werden und nicht von ihr zerstört werden können. Vielleicht hilft ja auch die Erkenntnis, dass die Selbstständigkeit der Kinder eine neue Freiheit und Entlastung der Eltern von der ständigen Fürsorge bedeutet. Für viele Teenager fangen die inneren Veränderungen äußerlich an. Mein Sohn wünschte sich vor kurzem ein Deodorant und Duschgel mit Herren-Duft. Ich musste innerlich schmunzeln, habe mich aber auch gefreut. Es ist sehr schön zu sehen wie die Kleinen groß werden. Etwas erwachsener und vernünftiger und sie sind in manchen Momenten schon richtig tolle Gesprächspartner. Ich freue mich darauf. Hoffe dass wir alle einen guten Weg gehen, Veränderungen für uns alle nützen und die besten Nerven im Gepäck haben.

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